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Durst wird durch Bier erst schön

PILSNER, EXPORT UND LAGER

In Pilsen, im Böhmischen, wurde schon seit langem Bier gebraut. Doch berühmt wurde das Pilsener Bier erst, als bayerische Braumeister dorthin auswanderten. Die brachten ihre eigene Biererfahrung mit.

Pilsner, Export und Lager

Giebelhausen Herrenportrait mit Hunden

Was sie in Pilsen vorfanden, war ein gutes Wasser und der charakteristische böhmische Hopfen. Daraus machten die bayerischen Brauer den »Urquell« - zum ersten Mal im Jahre 1842.

Dieses stark gehopfte »Pilsner« entsprach zunächst gar nicht den Zungen deutscher Biertrinker. Die waren Sanfteres gewöhnt.

Am schnellsten freundeten sich die Berliner damit an. Ab 1872 wurde das »Pilsner« dort Mode. Bald galt es als das eleganteste Getränk in der kaiserlichen Hauptstadt.

Nach und nach wurde in ganz Deutschland Bier »nach Pilsener Art« gebraut. Es war und ist das Bier, das noch heute als »Pils« oder »Pilsener« verkauft wird.

Das »Pils« der deutschen Brauereien hat konsequent die Geschmacksrichtung des alten »Pilsner« beibehalten. Unter der Bezeichnung »Pils« kann man sich also durchaus ein ganz bestimmtes Bier-Aroma vorstellen.

Ganz anders ist es bei der Biersorte, die unter dem irreführenden Namen »Export« verkauft wird. Früher nannte man die Biertypen so, die sich über Land und Wasser transportieren ließen, ohne Schaden zu nehmen. Heute ist der Name insofern falsch, als von wirklichem Export kaum noch die Rede sein kann; das meiste in Deutschland gebraute Bier dieser Art wird auch in Deutschland getrunken.

Für ein »Export«-Bier gelten strenge Bestimmungen. Es ist ein meist helles, nicht stark gehopftes Bier, aromatisch und sehr vollmundig. Das kommt daher, dass der Gehalt an Stammwürze hoch ist. Er muss mehr als 12,5 Prozent betragen (was einen Alkoholgehalt von 4 bis 4,2 Prozent ergibt).

Das bedeutet aber nicht, dass gutes Exportbier pappig oder »dick« wäre. Es soll frisch und würzig schmecken. Beim bayerischen »Export«-Typ spürt man noch den Malzgeschmack auf der Zunge. Dortmunder »Export« ist etwas bitterer; es hat außerdem noch eine Kleinigkeit mehr Stammwürze als das bayerische.

Verwirrung kann auch der Begriff »Lagerbier« anrichten, unter dem mehrere Sorten verkauft werden. Es ist eine historische Qualitäts-Bezeichnung. So nannte man früher die Biere, die drei oder vier Monate, manchmal auch länger, im Keller lagerten , bevor man sie ausschenkte. Das waren beispielsweise die bayerischen untergärigen Biere, die - im zeitigen Frühjahr gebraut - bis in den Herbst halten mussten. So betrachtet, sind heute alle untergärigen Vollbiere echte Lagerbiere, auch »Pils« und »Export«. Im Ausland nennt man ohnehin alle deutschen untergärigen Biere »Lager«.

Doch in Deutschland hat man sich inzwischen angewöhnt, nur solche Vollbiere »Lagerbier« zu nennen, die erstens unter 12,5 Prozent Stammwürze haben und zweitens nicht der stark gehopften Richtung »Pilsener« angehören.

Lagerbier hat demzufolge einen Alkoholgehalt von 3,5 bis 4 Prozent. Es ist das Bier, das Ihnen vorgesetzt wird, wenn Sie einfach »ein Helles« oder »ein Dunkles« verlangen. Kurz: »Lager« ist meist das alltäglichste Bier, das von einer Brauerei produziert wird. Ohne dass dies Einfluss auf die Qualität haben muss: Es gibt Lagerbiere, die ganz hervorragend sind.

Manche Biere führen noch die Zusatzbezeichnung »Spezial«. Die bezieht sich lediglich auf den Gehalt an Extrakt: »Spezial«-Biere sind Vollbiere, die über 13 Prozent Stammwürze haben.

Kräftig, malzig und sehr süffig

Eine süddeutsche Spezialität ist das »Märzen«. Das wird vor allem (aber nicht nur) beim Münchner Oktoberfest und beim Cannstatter Volksfest in Stuttgart ausgeschenkt. Es schmeckt kräftig, malzig und sehr süffig, fast ein wenig süß, ist sattgelb oder auch rotgolden. Drum wird es von vielen Leuten für ein Starkbier gehalten. Es ist zwar stark, denn es hat mindestens 12,5 Prozent (in Baden-Württemberg) oder 13,5 Prozent Stammwürze (in Bayern); die Obergrenze liegt bei 14 Prozent. Das entspricht etwa 4 Prozent Alkohol. Aber damit gehört das »Märzen« noch durchaus in die Gruppe der Vollbiere, nicht zu den Starkbieren.

Dieses Märzen hat einen historischen Namen; der kommt vom Monat März. Bevor der Ingenieur Carl Linde seine Ammoniak-Kältemaschine entwickelte, war der März in Süddeutschland die letzte sichere Möglichkeit, vor der warmen Jahreszeit untergäriges Bier zu brauen. Da war es draußen nicht zu warm; da reichte auch der Eisvorrat noch, den man den Winter über in die Keller geschafft hatte.

Damit das Bier den Sommer gut überstand, legte man die Würze ein wenig kräftiger an als üblich. So hielt es bis in den Herbst. Deshalb wurde das »Märzen«, als 1810 das Oktoberfest eingeführt wurde, zum »Wies'n-Bier«. (Ohne das Märzen hätten die Münchner beim Oktoberfest oft Obergäriges trinken müssen.)

Das »Märzen« fürs Oktoberfest und fürs Cannstatter Volksfest wird auch heute noch - zumindest überwiegend - im März eingebraut. Dann liegt es ein halbes Jahr im Keller und reift.

Bier ist keineswegs so kalorienreich, wie mancher Obstsafttrinker glaubt. Aber natürlich enthält es Kohlehydrate. Diabetiker müssen da sehr vorsichtig sein. Deshalb werden für sie besondere Biere gebraut: Diätbiere, die oft unter dem Markennamen »Diät-Pils« vertrieben werden, weil sie einen ausgeprägten Pils-Charakter zeigen. Sie sind stark gehopft und herb, aber durchaus Vollbiere und auch streng nach den deutschen Reinheitsvorschriften fürs Bier gebraut. Allerdings liegt die Stammwürze (wegen der Kohlehydrate) an der unteren Grenze des für ein Vollbier Erlaubten: bei 11,3 Prozent.

Die Vorschriften sagen, dass Diätbiere einen Kohlehydrat-Anteil von weniger als 0,75 Prozent haben müssen, während anderes Vollbier drei Prozent und mehr hat. Anders gesagt: Erst etwa vier Liter Diätbier enthalten so viele Kohlehydrate wie ein Brötchen.

Eine Eigentümlichkeit vieler solcher Diätbiere ist der hohe Gehalt an Alkohol. Der kommt auf ganz natürliche Weise zustande. Man versucht, den Malzzucker (von dem man im Diätbier möglichst wenig haben möchte) so gut wie ganz in Alkohol und Kohlensäure zu vergären. Deshalb steigt der Alkoholgehalt in Diätbieren bis auf 4,8 Prozent. Allerdings gibt es inzwischen auch Methoden, Diätbiere mit weniger Alkohol herzustellen; da sind es etwa 3,7 Prozent.

Schließlich gibt es in der Reihe der untergärigen Vollbiere noch ein historisches Kuriosum, gewissermaßen eingebraute Nostalgie: das Bamberger Rauchbier. Früher gab es solche Rauchbiere häufig. Viele entstanden zufällig, wenn man das Malz im Freien trocknen wollte, aber nicht genügend Sonne schien. Dann wurde mit Holzfeuern nachgeholfen, deren Rauch das Malz durchzog und dadurch das Aroma veränderte. Solches Bier schmeckt intensiv rauchig; daran muss man sich gewöhnen. Manche ländliche Brauerei machte aus der Unzulänglichkeit eine Absicht und arbeitete nur noch mit Rauchmalz. In Bamberg gibt es noch heute einige kleine Brauereien, die ihr Grünmalz über einem Feuer aus feuchtem Buchenholz darren. So bekommt das Bier (wie der schottische Whisky, bei dem ähnlich verfahren wird) einen intensiven Rauchgeschmack. Bamberger Rauchbier hat 13,5 Prozent Stammwürze (also ziemlich viel) und 4,5 Prozent Alkoholgehalt.

>> Die Starken und die Schwachen

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