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Durst wird durch Bier erst schön

HOFBRÄU UND BÜRGERBRÄU

Der Dreißigjährige Krieg änderte vieles. Auch die deutschen Trinkgewohnheiten. Im Norden wurden die Brauereien zerstört, im Süden die Weinberge. Bayern wurde ein Bierland. Brauereien

Kneipenszene von Maler Adriaen Brouwer (1606-1638)
Der flämische Maler Adriaen Brouwer (1606-1638) malte vor allem Szenen in bäuerlichen Kneipen. Was Sie oben sehen, ist ein Ausschnitt aus einem seiner Bilder; es hängt im Prado in Madrid. Interessant ist, dass der Bauer ganz rechts Bier aus einem Glas trinkt. Das war in Kneipen jener Zeit eigentlich nicht üblich. Interessant ist ferner die Form des Kruges, den sein Nachbar in der Hand hält; dieser Krug läuft nach oben konisch zu.

Kein Bayer mag sich heutzutage vorstellen: Im 15. und 16. Jahrhundert musste das meiste Bier, das in der Münchner Gegend getrunken wurde, aus Norddeutschland importiert werden. Der bayerische Hof bezog seines vor allem aus Einbeck bei Hannover - seit 1550.

Am bayerischen Hof war man recht durstig. Die Münchner spotteten:

»Es war ein Herzog in Bayern, den dürstete gar sehr. Er hatte auch viele Diener, die dürsteten noch mehr.«

Der herzogliche Bierimport lief ins Geld. Das Einbecksche Bier war berühmt. Es wurde - weil man es oft über weite Strecken transportierte - sehr kräftig gebraut, damit es haltbar blieb. Es hatte viel Alkohol. Kurz: Es war teuer, ein Luxusartikel.

Bayerns Herzog Wilhelm V. wurde das schließlich klar. Er hatte selbst schon ein Bräuhaus, das 1573 auf Burg Trausnitz in Landshut eingerichtet worden war. Dort ließ er 1590 das erste Braunbier (oder »Rote Bier«, wie man damals oft sagte) brauen.

Nun beschloss er, ein neues Bräuhaus zu bauen, um ein Bier herzustellen, das so ähnlich wie das Einbecker schmeckte. Das Haus entstand am Münchner »Platzl«, wo noch heute das berühmte Hofbräuhaus steht (das freilich 1897 neu aufgebaut wurde, im Stil jener Zeit).

1591 war sein Hofbräuhaus fertig. Heimeran Pongratz war der erste Braumeister. Er kam - mehr oder weniger freiwillig - aus dem Benediktinerkloster Geisenfeld in der Hallertau.

Von da an trank der herzogliche Hofstaat starkes bayerisches Braunbier. Ab 1604 ging das Hofbräu auch nach Landshut, Straubing und Regensburg an Mitglieder des herzoglichen Hofes. Ab 1610 wurde das herzogliche Bier sogar an Wirte und Privatleute verkauft; das Hofbräu wurde nun auch zum Bürgerbräu.

So ganz »ainpockisch« geriet es zunächst allerdings nicht. Das schaffte erst Elias Pichler, der 1612 Braumeister wurde. Den hatte man einfacherweise direkt in Einbeck abgeworben. Der »Einbock« von Pichler fand viele Freunde. Bis 1810 - also 200 Jahre lang - war es das ausschließliche Privileg des Hofbräuhauses, solch starken »Bock« zu brauen.

Der Verkauf des Hofbräus brachte viel ein. Herzog Maximilian I. konnte damit den größten Teil seiner Kosten am Dreißigjährigen Krieg bestreiten. Um die Bierqualität zu steigern, schickte er einen Brauer namens Martin Staindl nach London. Der sollte das Brauen von Porterbier lernen, das damals einen besonders guten Ruf hatte.

Als der Dreißigjährige Krieg zu Ende ging, hatte Maximilian endgültig entdeckt, welche finanziellen Möglichkeiten im Bier steckten. Um in dem jetzt modernen Barockstil üppig auftreten zu können, verdoppelte er die Biersteuer. Und als sich die Brauer im Lande beklagten, meinte er schlicht: Auch wenn das Bier etwas teurer würde - deshalb würde keine Maß weniger getrunken.

Er hatte recht.

Der Dreißigjährige Krieg stellte Deutschlands Trinkgewohnheiten völlig auf den Kopf. Viele der besten und berühmtesten norddeutschen Brauereien wurden zerstört. Noch mehr Schaden gab es in den wohlgepflegten süddeutschen Weinbergen.

Die norddeutschen Städte erholten sich nur schwer von den Verwüstungen, die auch die vielen Brauereien betroffen hatten. Die Bayern, andererseits, hatten keine Lust, wieder mit dem Weinbau zu beginnen. Denn frisch angelegtes Rebland braucht Jahre, bis es Erträge bringt. Und die Bayern wollten etwas trinken. So wurde Bayern zum Bierland. Eine Brauerei nach der anderen entstand; Stadtbrauereien lösten die Klosterbrauereien ab, denen es seit der Reformation ohnehin nicht mehr so gut ging.

In dieser Zeit wurde das meiste Bier in der engsten Umgebung der jeweiligen Brauerei getrunken. Einen Bierhandel, wie ihn die Hanse vorgemacht hatte, gab es kaum noch. Deutschland bestand nach dem Dreißigjährigen Krieg aus 370 Ländern und Ländchen - alle mit Grenzen, mit Zoll, mit Handelsbeschränkungen.

Jede Stadt, auch die kleinste, hatte ihre Brauerei und schützte ihr Bier. In vielen Gegenden war es geradezu verboten, fremdes Bier zu trinken. Das galt bis ins 18. Jahrhundert.

Ums Jahr 1750 gab es im Kurfürstentum Bayern über 4000 gewerbliche Brauereien. München hatte 67, Augsburg 109. Man trank immer mehr Bier. Und das, obwohl es gar nicht billig war. Für eine Maß musste man mit einem Kreuzer rechnen. Das scheint wenig. Aber ein gelernter Handwerker verdiente nur anderthalb bis zwei Taler in der Woche - das waren 20 bis 25 Kreuzer am Tag. Und ein einfacher Arbeiter hatte weit weniger.

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