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Durst wird durch Bier erst schön

ALS AUS EINBECK DAS BOCKBIER KAM

Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts schlossen sich die Gewerbetreibenden in den Städten zu Zünften oder Innungen zusammen. Die Brauer waren bei den ersten, die da mitmachten. BOCKBIER

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Die Zünfte und Gilden waren ursprünglich rein freundschaftliche Gemeinschaften zur gegenseitigen Unterstützung. Nach und nach wurden starre und strenge Organisationen daraus, die das Leben und Treiben innerhalb der Zunft bis ins kleinste zu regeln versuchten. Das hatte, was die Qualität des Biers betraf, in vielen Städten Erfolg. Panschen und schlampiges Brauen wurde einfach nicht geduldet. In anderen Städten ging die Qualität des Biers dagegen rapide zurück, weil jede Konkurrenz unterbunden war; es gab innerhalb der Zunft keinen Wettbewerb.

Die Einfuhr fremden Bieres wurde, wenn die Zunft stark genug war, unmöglich gemacht. Da gab es dann den »Bierzwang«. Nicht nur in der Stadt wurde ausschließlich das Bier der städtischen Zunft ausgeschenkt. Auch die umliegenden Dörfer wurden gezwungen, ihr Bier von der Stadt zu beziehen - ob es nun gut oder schlecht war. Es gab regelrechte Bier-Bannmeilen.

Wenn ein auswärtiger Brauer in dieses Banngebiet lieferte, kam es zum Streit. In Schlesien und Westfalen überfielen bewaffnete Landsknechte fremde Biertransporte und zerschlugen die Fässer.

Und in Süddeutschland? Da trank man nach wie vor Wein oder ab und zu ein Klosterbier. Die Zahl der gewerblichen Brauereien war immer noch ganz klein. Die Münchner Brauer wollten sich 1347 zu einer Zunft zusammenschließen, aber der bayerische Herzog winkte ab: es lohnte sich nicht. 1372 gab es in München erst 21 gewerbliche Brauer, von denen viele den Sommer über ganz andere Berufe ausübten. 1450 zählte man 30. Das war wenig. Herzog Stephan II. musste seine Untertanen auffordern, doch bitteschön privat zu brauen, damit Bier nicht immer so schrecklich knapp sei.

In Augsburg war mehr los. Zwar stellte die Stadt noch 1362 beim Heeresdienst nur fünf gewappnete Bierbrauer (neben 70 Webern, 38 Bäckern und 28 Schustern). Aber schon 1368 wurde eine Augsburger Brauerzunft gebildet, die zwei Mitglieder im kleinen und zwölf im großen Rat der Stadt hatte.

In vielen süddeutschen Gegenden hatte man damals mit Bier nur wenig im Sinn. In manchen fränkischen Regionen, in denen viel Wein wuchs, wurde die Brauerei erst gar nicht zugelassen. Der Fürstbischof und der Stadtrat von Würzburg verboten 1434 das Bierbrauen »uff ewiglich«. Und wirklich: mehr als 200 Jahre lang wurde in Würzburg nicht gebraut. Erst Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn hob 1642 das Verbot wieder auf; er wollte selbst ein Hofbräuhaus bauen.

Es gab auch Ausnahmen. Eine war Amberg, das östlich von Nürnberg liegt. Dort hatte man von den benachbarten Böhmen gelernt, wie Weißbier gemacht wird. Das produzierten die Amberger jahrhundertelang mit großem Erfolg. Noch heute ist Amberg eine der größten deutschen Braustädte.

Insgesamt aber war mit dem bayerischen Bier nicht viel Staat zu machen. Der Historiker Johannes Turmair, der von 1477 bis 1534 lebte, sich »Aventinus« nannte und mit seiner »Bayerischen Chronik« das erste große Geschichtswerk in deutscher Sprache herausbrachte, sprach ausschließlich vom Wein. Bier kommt bei ihm nicht vor.

Der schwedische Bischof Olaf Magnus erklärte 1502, als er von einer Romreise zurückkehrte: »Wie der Wein nach Süden, so wird das Bier nach Norden immer besser.«

Das fanden auch die bayerischen Herzöge. Denen wurde im 16. Jahrhundert zu einer Hochzeitsfeier Bier aus Einbeck mitgebracht.

Dieses Einbeck, von dem wir schon kurz sprachen, war eine ungemein rührige Stadt. Es liegt nicht weit von Hannover und war im 13. Jahrhundert ein angesehenes Mitglied der Hanse.

Einbecks Bürger lebten von Leinweberei und Bierbrauen. Das Braurecht vergaben die Stadtväter gegen eine Steuer. Wer brauen wollte, meldete es der Stadtverwaltung. Dann kam der städtische Braumeister mit seinen Geräten ins Haus. Noch heute stehen in Einbeck etliche alte Häuser mit Toren, die verwunderlich hoch sind. Das musste so sein, damit die Braupfanne durchkam. Viele dieser Häuser haben noch die weiten Dachböden, in denen die Gerste lagerte und zum Malz keimte. Und sie haben große Keller, in denen das Bier gären konnte und gelagert wurde.

Gegen Ende des Mittelalters hatte Einbeck mehrere hundert Brauereien. Das Bier war weithin berühmt - sehr stark und alkoholhaltig. So konnte man es monatelang aufbewahren und auch weit transportieren. Als Luther 1521 vor den Reichstag in Worms zitiert wurde, schickte ihm der Herzog von Braunschweig ein Fass Einbecker Bier als Trost und Stärkung. Und als Doctor Martinus 1525 seine Katharina heiratete, bestand das Hochzeitsgeschenk der Stadt Wittenberg, in der Luther lebte, ebenfalls aus Einbecker Bier.

Seit dem 14. Jahrhundert lieferte Einbeck Bier an viele Fürstenhäuser. Die Celler Herzöge tranken es mit Vorliebe. Sogar in Italien war »Einbecker Hopfenbier« bekannt. Auch den Bayernherzögen schmeckte es sehr. Ab 1550 importierten sie es regelmäßig - und zwar durch Nürnberger Handelshäuser. In München wurde aus dem »Ainpöckischen Bier« nach und nach das »Ainpockbier«, dann der »Oanbock« - und schließlich der »Bock«.

So kam das Bockbier nach München. Es ist keine bayerische Erfindung, sondern eine preußische. Aber das ist ein ganz anderes Kapitel. Nämlich das nächste.

Pyrprew Herttel
Hier sehen Sie den »Pyrprew« Herttel. Er gehörte zum Mendelschen Bruderhaus in Nürnberg, einer Art Wohnheim für ältere unbescholtene Herren, die sich wie Mönche kleideten. Sein Bild (es entstand ums Jahr 1430) ist die älteste Darstellung eines deutschen Bierbrauers. Der Stern links oben ist ein »Bierzeiger«. Er bedeutet, dass hier Bier ausgeschenkt wird.

>> Hofbräu und Bürgerbräu

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